Jenseit des Tweed |
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Kapitel 2 |
Johnstons
Hotel. Erster Gang in die Stadt |
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»Waterloo Place, any hotel you like«,
Waterloo-Platz, ins erste beste Hotel! Mit diesem Zuruf vertrauten
wir uns der Führung unsres Cabkutschers an und harrten der
Dinge, die da kommen würden. Ich lieb' es bei solchen Gelegenheiten,
mich dem blinden Zufall zu überlassen, und habe die Erfahrung,
daß man mindestens nicht schlechter dabei fährt, als
wenn man unschlüssig hin und her schwankt und hinterher den
Ärger hat, doch nicht das Rechte getroffen zu haben. Wer
die Wahl hat, hat die Qual.
Unser
Cab hielt nach fünf Minuten schon vor Johnstons Hotel, Waterloo-Place,
und es wäre unbillig, dem Kutscher nachzureden, daß
er seine diskretionäre Gewalt absonderlich mißbraucht
hätte.
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Waterloo-Place
und Princes-Street
bilden eine einzige grade Linie, von der Edinburg in ähnlicher
Weise durchschnitten wird wie etwa Paris von der Rue
Rivoli. Die große Mittelader der schottischen Hauptstadt
sondert sich gleich auf den ersten Blick in drei Teile von ziemlich
gleicher Größe, in zwei Flügel und ein Zentrum.
Der eine Flügel heißt Waterloo-Place, der andere West-Princes-Street. |
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Die
halb boulevard-, halb platzartige Erweiterung aber, die zwischen
beiden liegt, führt den Namen der eigentlichen Princes-Street.
Dieser platzartigen Erweiterung gehen wir jetzt entgegen und nehmen
in der Mitte derselben unseren Stand, genau da, wo sich das im gotischen
Stil ausgeführte, turmartige
Monument Walter
Scotts bis zu einer Höhe von 200 Fuß erhebt. Hier
halten wir Umschau. |
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Nach
allen Seiten hin in Anspruch genommen – wird unser Auge doch
immer wieder nach vornhin gerichtet, wo sich, nur durch eine flußbettartige
Vertiefung von uns getrennt, die berühmte Altstadt Edinburg
erhebt.
Auf dem
langsam ansteigenden Teile der Berglinie erhebt sich Canongate; |
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unmittelbar
vor uns von dem gradlinigen First des Hügels grüßt
High-Street selbst zu uns herüber; |
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zur Rechten aber, die Situation vom Felsen aus
beherrschend, ragt Edinburg-Castle
mit seinen Wällen und Kanonen in die Luft.
Jeder
ehrliche Schotte hält diesen Punkt für den schönsten
in der Welt. |
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Parallellaufend
mit Princes-Street, zeigt die gegenüberliegende Altstadtstraße
doch dadurch einen völlig verschiedenen Charakter von jener,
daß sie nicht flach und gradlinig sich hin erstreckt, sondern
dem natürlichen Zuge und selbst den Kapricen des Hügels
folgend, auf dem sie steht, einen malerischen und abwechslungsreichen
Anblick gewährt. Der Hügel steigt langsam an, läuft
dann, wie seine Kräfte sparend, in horizontaler Linie weiter,
bis er plötzlich, zu einem letzten Sprunge sich zusammenraffend,
kegelartig in die Höhe schießt und nun den Weg überschaut,
den er eben zurückgelegt. |
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Die
Solidität des Materials wie des Baustils gibt dem Ganzen jenen
großstädtischen Charakter, den ich als den frappantesten
Zug dieser Stadt hervorheben möchte. Auf grauen Felsen steigen
acht Stock hohe Felsenhäuser in die Luft, phantastisch schnörkelt
sich, einer silbergrauen Brautkrone nicht unähnlich, der Turm
von St.
Giles über die Häuser empor, und über dem Ganzen
liegt jener graue Nebelschleier, der den Zauber dieser nordischen
Schönheitsstadt vollendet. Der Reiz der Farbe fehlt, aber man
vermißt ihn nicht, ja erschrecken würd' es uns, den vollendeten
Karton, der vor uns liegt, in einen Buntfarbendruck verwandelt zu
sehen. |
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