Jenseit des Tweed |
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Kapitel 13 |
Von Edinburg
bis Stirling |
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Zwischen
Edinburg und Stirling existiert neben der Eisenbahn auch eine Dampfschiffverbindung.
Wer Eile hat, wählt wie gewöhnlich den Schienenweg, wer
Muße hat und frischer Luft und schöner Ufer sich freuen
will, macht es wie wir und schlägt die Wasserstraße ein.
Gegen Mittag verließen wir Edinburg, um in Leith,
dem bekannten Hafen von Edinburg, an Bord zu gehen. Eigentlich nicht
in Leith, sondern in Granton,
einem etwas höher hinauf gelegenen Hafenplatz, der um seiner
Wassertiefe sowohl wie um seiner bessern Dämme und Anlegeplätze
willen dem schlecht instand gehaltenen Hafen von Leith siegreiche
Konkurrenz zu machen droht.
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Kaum
daß wir eine gute Rückenlehne gefunden und die Plaids
über unsere weit vorgestreckten Füße gebreitet haben,
so folgt der stillen schwarzen Rauchwolke des Schornsteins das bekannte
Brausen und Schnaufen, endlich das Rasseln und Schaufeln, und von
der Wand des Bollwerks in eleganter Wendung sich loslösend,
trägt uns jetzt bei hellem Sonnenlicht der Steamer stromaufwärts.
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Solche
Fahrten flußauf- oder abwärts haben in den meisten Fällen
einen verwandten Charakter, und die Bilder bleiben so ziemlich dieselben,
ob die Flußmündung, um die es sich handelt, der Elbe
oder der Oder,
dem Mersey
oder dem Forth
angehört. Etwas freilich hat der Forth
vor den ebengenannten voraus, die Fülle historisch-romantischer
Anknüpfungen nämlich, die mich bestimmen würden,
die ganze Fahrt mit einer Rheinfahrt zu vergleichen, wenn wir nicht
in unsern heimatlichen Marken einen Fluß hätten, der
dem Leser das Charakteristische des Forth nach dieser Seite hin
noch deutlicher wiederzugeben vermag, ich meine die Havel. |
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Mit diesem Havelland,
dem es, wie jeder Potsdam-Besucher wissen wird, auch keineswegs
an Schönheit und malerischem Reiz gebricht, möcht' ich
die Ufer des Forth vergleichen, die jetzt, während wir im
Steamer den Fluß hinauffuhren, mit Dörfern und Villen,
Städten und Burgen, vor allem aber mit dem Klang berühmter
Namen zu uns herübergrüßten.
Inchcolm
Abbey
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Freilich nicht alle
diese Namen gehörten diesem Ufer als ihrem eigensten Boden
an, viele waren, zumal aus den nördlichen Grafschaften her,
an diese Stelle nur verpflanzt; doch zog ein gutes Stück
der Landesgeschichte an uns vorüber, als wir, im Gespräch
mit einem jungen Schotten, der leuchtenden Auges um sich sah,
die Namen Morton
und Moray,
Bruce
und Stuart,
Keith
und Dundas,
Abercromby
und Elgin
vernahmen. Mehr denn fünf Jahrhunderte umfaßten diese
Namen, von jenem Tage von Bannockburn
an, wo der Name Bruce das Fundament zu seinem Ruhme legte, bis
zu jenem Tage von Abukir,
wo Sir Ralph Abercromby siegte und fiel.
Donibristle
House
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Wir
waren den Forth, der vor zwei Stunden noch in voller Breite eines
Haffs vor uns gelegen hatte, jetzt so hoch hinauf gefahren, daß
das Schiff, wie ein Wagen in einer schmalen Straße, nur eben
noch lenken und umkehren konnte; der Meerbusen war zu einem Graben
geworden. In einiger Entfernung ragte das schöne Stirling-Castle
malerisch in die Luft. |
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