Jenseit des Tweed
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Kapitel 19
Culloden-Moor
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Drumossie-Moor, Drumossie-Tag,
O bittrer Tag, o blut'ges Moor.

Robert Burns (Die Hochländer nennen Culloden-Moor gewöhnlich Drumossie-Moor.)

Von Inverneß führt eine alte Fahrstraße in östlicher Richtung an der Küste entlang. Die Namen der Städte und Schlösser sagen einem, daß man sich im eigentlichen Macbeth-Land befindet: erst Cawdor-Castle, dann Forres, endlich Banff und Macduff. Wir verfolgen diese Straße nicht ihrer ganzen Länge nach, begnügen uns vielmehr mit einem Besuch von Culloden-Moor, jenem meilenlangen Blachfeld.

 

Culloden-Moor ist das berühmte Schlachtfeld, auf welchem die Stuarts, nachdem sie dreimal den Versuch ihrer Wiedererhebung gemacht hatten, für immer unterlagen. Prince Charlie war am 27. Juni 1745 in Schottland gelandet. Die Clane hatten sich beinahe ausnahmslos um ihn gesammelt. Am 10. September zog er in Perth, am 19. in Edinburg ein und schlug zwei Tage später die ihm entgegenrückenden Engländer auf der Ebene von Prestonpans. Anfang November begann der Zug gegen England. Man nahm Carlisle und war bereits bis Leicester vorgedrungen, als Uneinigkeit zwischen den Clanen dem Siegeszug ein Ende machte und zur Umkehr zwang.

 

Anfang Januar passierten sie die schottische Grenze auf dem Rückwege. Überlegene Streitkräfte schlossen sie ein. Auf Culloden-Moor machten sie einen letzten Stand. So entspann sich die Schlacht. In wenigen Stunden war die Niederlage vollendet. Gegen achthundert Hochländer lagen tot auf der Heide. Der Prinz selbst entkam endlich von der Insel Skye aus. Hunderte von Hochländern wußten, wo er sich verborgen hielt, aber nicht einer brach die Treue oder zeigte Lust, das Blutgeld zu verdienen. Die Niedermetzlung der einzelnen Clane begann nun und befleckte den Namen des Herzogs von Cumberland.

 

Wir mochten eine Viertelstunde gegangen sein, als unser Führer ausrief: »There's Culloden-Moor.« Das Hügelterrain umzirkelnd, aus dem wir eben heraustraten, floß ein Bach, halb Graben, halb Bergwasser, und bezeichnete die Grenze zwischen dem diesseits gelegenen Gartenland von Inverneß und der Öde des Moorlandes. Dies berühmt gewordene Moorland dehnt sich meilenweit in nordöstlicher Richtung aus und würde an sich selbst nicht verfehlen, durch seine Öde einen Eindruck auf den Reisenden zu machen, auch wenn man nicht wüßte, daß es ein Schlachtfeld und die Grabstätte so vieler tapferer Männer sei.

 

Wir marschieren nun weiter feldeinwärts, bis wir eine Art Rondell erreichen, das die Öde des Moores wie eine Parkanlage unterbricht. Dies ist, wenn nicht das eigentliche Schlachtfeld, so doch der Punkt, wo am heißesten gestritten und die Niederlage der Hochländer entschieden wurde. Er ist viel größer als der uns wohlbekannte »Große Stern«, der auf halbem Wege zwischen Berlin und Charlottenburg liegt. Der Platz, an dem sich der Tag entschied, ist auch die Hauptbegräbnisstätte geworden und trägt den Charakter eines verfallenen Kirchhofes. Jeder Zug ist hier charakteristisch, und man kann diesen Platz, der Schlachtfeld und Kirchhof zugleich ist, nicht passieren, ohne sich das Bild für immer eingeprägt zu fühlen.

 
Ich bin über viele Schlachtfelder gegangen, aber keines hat einen so bestimmten Eindruck in mir zurückgelassen. Das macht, weil es ganz bestimmte Züge hat, die bedeutsameren Schlachtfeldern oftmals fehlen. Ich entsinne mich, als ich über das Leipziger Schlachtfeld schritt. Das Feld hat kein bestimmtes Bild in mir zurückgelassen. Es ist ein Feld wie andere Felder. Der Pflug ist über den Boden hingegangen und hat alles hinweggenommen, was sichtbar und handgreiflich an jenen blutigen Oktobertag erinnern könnte. Nicht so auf Culloden-Moor. Der Boden hatte hier keinen Wert, und so ließ man das Schlachtfeld fortbestehen. Sonst stieg das Ackerfeld über das Schlachtfeld; hier aber ist der Rasen des Grabes Sieger geblieben.
 

Der Kirchhof besteht aus vier deutlich erkennbaren Gräberreihen. Hier wurden die Frazers, die Macintosh, die MacPhersons und die MacDonalds bestattet. Ob diese Angabe richtig ist, muß dahingestellt bleiben. Es sind dies nämlich die Namen jener vier Clane, die noch bis diesen Augenblick um Inverneß herum ihre Sitze haben. Man darf daraus wohl den Schluß ziehen, daß die Gräber in einer späteren Zeit von den Umwohnenden beliebig benannt worden sind.

 
An einem Granitblock von der Form eines Riesenkiesels machten wir halt. Dieser Stein, der zugleich die äußerste Grenze des Schlachtfeldes bezeichnet, heißt der Duke's Stone. Als die Grampians noch jung waren, müssen Fluten diesen Felsblock losgelöst und ihn an dieser Stelle niedergelegt haben. Der Stein ist beinah mannshoch. Es heißt, daß der Herzog von Cumberland von seiner Höhe aus die Bewegungen der Schlacht leitete. Es wird auch erzählt, daß er den Wunsch äußerte, vor der Schlacht ein Frühstück einzunehmen. Seine Offiziere aber baten ihn, vor jeder Unterschätzung seiner Gegner auf der Hut zu sein, da diesen »Teufels von Hochländern«, nie zu trauen sei. So begann denn die Schlacht unmittelbar, und eh' zwei Stunden vorüber waren, war alles entschieden.

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