Jenseit des Tweed |
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Kapitel 19 |
Culloden-Moor |
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Culloden-Moor ist das
berühmte Schlachtfeld, auf welchem die Stuarts, nachdem
sie dreimal den Versuch ihrer Wiedererhebung gemacht hatten,
für immer unterlagen. Prince
Charlie war am 27. Juni 1745 in Schottland gelandet. Die Clane
hatten sich beinahe ausnahmslos um ihn gesammelt. Am 10. September
zog er in Perth, am 19. in Edinburg ein und schlug zwei Tage später
die ihm entgegenrückenden Engländer auf der Ebene von
Prestonpans.
Anfang November begann der Zug gegen England. Man nahm Carlisle
und war bereits bis Leicester
vorgedrungen, als Uneinigkeit zwischen den Clanen dem Siegeszug
ein Ende machte und zur Umkehr zwang.
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Anfang Januar passierten
sie die schottische Grenze auf dem Rückwege. Überlegene
Streitkräfte schlossen sie ein. Auf Culloden-Moor machten
sie einen letzten Stand. So entspann sich die Schlacht. In wenigen
Stunden war die Niederlage vollendet. Gegen achthundert Hochländer
lagen tot auf der Heide. Der Prinz selbst entkam endlich von der
Insel Skye
aus. Hunderte von Hochländern wußten, wo er sich verborgen
hielt, aber nicht einer brach die Treue oder zeigte Lust, das
Blutgeld zu verdienen. Die Niedermetzlung
der einzelnen Clane begann nun und befleckte den Namen des Herzogs
von Cumberland.
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Wir mochten eine Viertelstunde
gegangen sein, als unser Führer ausrief: »There's Culloden-Moor.«
Das Hügelterrain umzirkelnd, aus dem wir eben heraustraten,
floß ein Bach, halb Graben, halb Bergwasser, und bezeichnete
die Grenze zwischen dem diesseits gelegenen Gartenland von Inverneß
und der Öde des Moorlandes. Dies berühmt gewordene Moorland
dehnt sich meilenweit in nordöstlicher Richtung aus und würde
an sich selbst nicht verfehlen, durch seine Öde einen Eindruck
auf den Reisenden zu machen, auch wenn man nicht wüßte,
daß es ein Schlachtfeld und die Grabstätte so vieler
tapferer Männer sei.
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Wir marschieren nun weiter
feldeinwärts, bis wir eine Art Rondell erreichen, das die
Öde des Moores wie eine Parkanlage unterbricht. Dies ist,
wenn nicht das eigentliche Schlachtfeld, so doch der Punkt, wo
am heißesten gestritten und die Niederlage der Hochländer
entschieden wurde. Er ist viel größer als der uns wohlbekannte
»Große
Stern«, der auf halbem Wege zwischen Berlin
und Charlottenburg
liegt. Der Platz, an dem sich der Tag entschied, ist auch die
Hauptbegräbnisstätte geworden und trägt den Charakter
eines verfallenen Kirchhofes. Jeder Zug ist hier charakteristisch,
und man kann diesen Platz, der Schlachtfeld und Kirchhof zugleich
ist, nicht passieren, ohne sich das Bild für immer eingeprägt
zu fühlen.
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Ich
bin über viele Schlachtfelder gegangen, aber keines hat einen
so bestimmten Eindruck in mir zurückgelassen. Das macht, weil
es ganz bestimmte Züge hat, die bedeutsameren Schlachtfeldern
oftmals fehlen. Ich entsinne mich, als ich über das Leipziger
Schlachtfeld schritt. Das Feld hat kein bestimmtes Bild in mir
zurückgelassen. Es ist ein Feld wie andere Felder. Der Pflug
ist über den Boden hingegangen und hat alles hinweggenommen,
was sichtbar und handgreiflich an jenen blutigen Oktobertag erinnern
könnte. Nicht so auf Culloden-Moor. Der Boden hatte hier keinen
Wert, und so ließ man das Schlachtfeld fortbestehen. Sonst
stieg das Ackerfeld über das Schlachtfeld; hier aber ist der
Rasen des Grabes Sieger geblieben. |
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Der Kirchhof besteht
aus vier deutlich erkennbaren Gräberreihen. Hier wurden die
Frazers,
die Macintosh,
die MacPhersons
und die MacDonalds
bestattet. Ob diese Angabe richtig ist, muß dahingestellt
bleiben. Es sind dies nämlich die Namen jener vier Clane,
die noch bis diesen Augenblick um Inverneß herum ihre Sitze
haben. Man darf daraus wohl den Schluß ziehen, daß
die Gräber in einer späteren Zeit von den Umwohnenden
beliebig benannt worden sind.
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An
einem Granitblock von der Form eines Riesenkiesels machten wir halt.
Dieser Stein, der zugleich die äußerste Grenze des Schlachtfeldes
bezeichnet, heißt der Duke's Stone. Als die Grampians
noch jung waren, müssen Fluten diesen Felsblock losgelöst
und ihn an dieser Stelle niedergelegt haben. Der Stein ist beinah
mannshoch. Es heißt, daß der Herzog von Cumberland von
seiner Höhe aus die Bewegungen der Schlacht leitete. Es wird
auch erzählt, daß er den Wunsch äußerte, vor
der Schlacht ein Frühstück einzunehmen. Seine Offiziere
aber baten ihn, vor jeder Unterschätzung seiner Gegner auf
der Hut zu sein, da diesen »Teufels von Hochländern«,
nie zu trauen sei. So begann denn die Schlacht unmittelbar, und
eh' zwei Stunden vorüber waren, war alles entschieden. |
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