Jenseit des Tweed |
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Kapitel 16 |
Ein Sonntag
in Perth |
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Mit den Sehenswürdigkeiten
Stirlings waren wir fertig und erschraken vor dem Gedanken, vierundzwanzig
Stunden auf ein altes Times-Exemplar angewiesen zu sein. Glücklicherweise
erbarmte sich unser ein Frühzug, der uns, trotzdem es in
Schottland keine Sonntagszüge gibt, gegen zehn oder elf Uhr
vormittags nach Perth
führte.
Dieser Sonntagszug ist
eigentlich ein Sonnabendszug. Wer nun am Sonnabendabend in London
einsteigt, um über Edinburg nach Perth und Aberdeen zu fahren,
ist begreiflicherweise im Einklang mit Sitte und Gesetz; selbst
die Kirchlichkeit
eines Schotten kann keinen Anstoß daran nehmen. Ist
es doch nicht seine Schuld, daß der Schnellzug nicht noch
schneller fährt und der Sonnabend beim Sonntag borgen muß.
Nur das Benutzen dieses Zuges, sobald er schottischen Grund und
Boden berührt hat, ist natürlich verpönt; doch
was wäre Fremden nicht erlaubt!
Wir waren nun also in
Perth. Als wir aus dem Bahnhofsgebäude heraustraten und auf
einen kahlen Platz blickten, murmelte Freund B.: »Ein Sonntag
in Perth scheint noch schlimmer als ein Sonntag in Stirling«,
worauf ich nichts Besseres zu erwidern wußte als:
Schlimmer hier oder schlimmer
dort,
Jedenfalls ein andrer Ort.
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Perth
ist alt und hat eine schöne Lage am Tay.
Die beiden Hauptstraßen, High-Street und South-Street, laufen
senkrecht auf den Fluß zu. Hier, zwischen den beiden Straßen,
steht vor allem die alte, an historischen Erinnerungen überreiche
Kirche
von St. John, die, der landesüblichen Ermordungen an Altar
und Altarstufen zu geschweigen, vor allem dadurch eine Berühmtheit
erlangt hat, daß die schottische Bilderstürmerei
(infolge einer John
Knoxschen Predigt) eben hier ihren Anfang nahm.
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Weiter flußabwärts,
da, wo South-Street auf den Tay stößt, erhob sich in
alten Tagen Gowrie-House, der Schauplatz jenes Mordversuchs, der
unter dem Namen der Gowrie-Konspiration
bekannt geworden ist.
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Wir kehrten nun Gowrie-House
den Rücken, passierten die
schöne Brücke, die über den Tay führt,
und schritten immer bergan, ...
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... dem Kinnoullhügel
zu, der sich, mit Laubholz und Tannen dicht bestanden, an der
Ostseite der Stadt erhebt.
Der Aufgang zum Hügel war der strengeren Sonntagsfeier halber
mit einem Schlagbaum abgesperrt, was soviel heißt, als wir
mußten einen Schilling
bezahlen, um das Gewissen des wachthabenden Wildhüters zu
beschwichtigen.
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Das landschaftliche
Bild, das sich uns bot, war hübsch genug, ohne etwas Besonderes
zu sein. Das nach Norden hin liegende Macbethland entzog sich,
wenigstens in seinen Einzelheiten, noch durchaus unserem Auge,
und wir waren auf die üblichen Führerversicherungen
angewiesen: ...
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... dort
Schloß Dunsinan.«
Dunsinane
Hill: hier ließ Shakespeare seinen Macbeth sterben.
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