Jenseit des Tweed
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Kapitel 21
Der Kaledonische Kanal
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Der Kaledonische Kanal ist eine Anlage nach Art des berühmten Trollhätta-Kanals, der in ähnlicher Weise wie der letztgenannte den Bottnischen Meerbusen mit dem Kattegat verbindet, so seinerseits die Verbindung zwischen der Nordsee und dem Atlantischen Ozean unterhält. Er ist sechzig englische Meilen lang, wovon siebenunddreißig Meilen auf natürliche Wasserstraßen kommen. Auf diesem treten wir jetzt unsere Rückreise an. In etwa einer halben Stunde erreichten wir Loch Neß.

 

Was Loch Neß unfähig macht, mit dem schönen Loch Lomond zu konkurrieren, das ist seine Monotonie; er ist überall derselbe. Diese Monotonie charakterisiert auch die historischen Überlieferungen, die sich an die Schlösser knüpfen, die die Ufer des Sees umflechten. Überall dieselbe Geschichte von einem Häuptling, der einen andern Chief zu Gaste geladen und ihm den Kopf eines Vaters oder Sohnes als Tafelverzierung auf den Tisch gestellt hat. Der Vortrag solcher Geschichten hat uns an Schloß Urquhart vorbei ...

 

... bis an die Stelle gebracht, wo sich von Südosten her der Foyers-Fluß in den See ergießt. Der Fluß bildet vor seiner Mündung einen wenigstens sechzig Fuß hohen Wasserfall, und der Steamer pflegt an einer benachbarten Stelle anzulegen, um den Reisenden zur Besichtigung Gelegenheit zu geben. Nach etwa zehn Minuten hatten wir die Höhe des Berges erreicht und sahen nun, von gut gewählter Stelle aus, auf die breite Wassermasse, die, unmittelbar neben uns in den Felsentopf hinunterschäumte. Schotten behaupten, daß nur die Kaskaden von Tivoli schöner seien.

 

Die tapfersten jener Clans, die MacIntosh und MacPhersons, die MacDonalds und Macdonells, finden sich vorzugsweise in jenen Glens, das heißt in jenen Gebirgstälern, die von Nord und Süd her auf die lange Strecke des Kaledonischen Kanals einmünden.

Glen Coe:

Angestiftet von England begingen die Campbells im Februar 1692 am Clan der MacDonalds ein grausames Massaker, nachdem sie zwei Wochen deren Gastfreundschaft genossen hatten.

 

Schon von der Mitte des Sees aus gewahrt man den Ben Nevis, den höchsten Berg Schottlands, und hat nun auf drei, vier Stunden hin den massig und unwirtlich daliegenden Felsenkegel desselben als beständigen Begleiter. Von der Südwestspitze Loch Lochys bis zur Meeresbucht ist noch eine Strecke von zehn englischen Meilen. Man passiert die gerade schmale Straße des Kanals, die durch eine ziemlich reizlose Landschaft läuft. Der Ben Nevis muß eben alles tun und erinnert an die Dome dieser oder jener alten Stadt, denen auch die Aufgabe zufällt, alle Schönheit für Stadt und Umgegend bestreiten zu müssen.

 

Am Ausfluß des Kanals in die Meeresbucht liegt Fort William, ein fester Platz, der zu ähnlichem Zweck erbaut wurde wie Fort Augustus und hinsichtlich seiner jetzigen Bedeutung zu denselben Betrachtungen Veranlassung gibt. Der Platz ist jetzt ungleich wichtiger als Hauptstationsort der Dampfschiffahrt zwischen Inverneß und den Häfen der Westküste als durch seine Befestigungen, die sich, im Fall einer ernsten Probe, kaum noch als solche bewähren würden.

 

Zwischen dem letzten und vorletzten Schleusentor des Kanals hält der Steamer, der die Bergfahrt zwischen Inverneß und Fort William zu bestreiten hatte und deshalb den Namen des »Bergsohnes« (The Mountaineer) führt. Es erfolgt nun eine Umladung. Omnibusse führen Menschen und Gepäck auf nächstem Wege bis an den Hafendamm, an dessen hoher Wandung bereits ein anderer Steamer liegt, größer, von mehr Tiefgang und stark genug, mit den Wellen des Ozeans sich siegreich herumzuschlagen.

 

Hätten diese prächtigen Küsten ein milderes Klima oder wenigstens einen etwas längeren Sommer, binnen kurzem würde hier ein neues, reiches Leben aufblühen, reicher, wenn auch nicht poetischer, als es die Tage Ossians gesehen.

 

Es war in den ersten Nachmittagsstunden, als wir die schöne Bucht, die sich von Fort Williams aus nach Südwest dehnt, entlangschaufelten. Der allgemach unserem Blick entschwindende Ben Nevis und die immer breiter und fester sich heranwälzenden Wellen sagten uns, daß wir uns mehr und mehr aus der Bucht entfernten und atlantisches Wasser unter den Kiel bekamen.


Castle Stalker

 

So vergingen Stunden, bis wir gegen Abend an Inseln und Vorgebirgen vorbei, wie durch einen Irrgarten, uns in die schöne Bucht von Oban hineinwanden. Wenige Minuten später legten wir an.


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